Für die aktuelle Ausgabe der Clara bitte auf das Bild klicken. Von Ulrich Schneider, erschienen in Clara, Ausgabe 41, 06. Oktober 2016
Das Bundesarbeitsministerium hat auf Zeit gespielt. Spätestens seit November des letzten Jahres lagen dem Ministerium die relevanten Statistiken und Sonderauswertungen vor, auf deren Grundlage, sobald bekannt, die Hartz-IV-Regelsätze in einem Bundesgesetz neu zu ermitteln sind. Da es hier um nichts Geringeres als die Absicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums für Millionen von Menschen geht, sollte es für jede Regierung eine Selbstverständlichkeit sein, in dieser Angelegenheit sowohl gründlich als auch zügig zu arbeiten.
Statt jedoch zügig ein Gesetz zur Neu-Ermittlung der Regelsätze auf den Weg zu bringen, hat man sich Zeit gelassen. Erst Ende August diesen Jahres, also zehn Monate später, legte das Bundesarbeitsministerium den Entwurf für ein neues Regelbedarfsermittlungsgesetz vor und die zugrunde gelegten Statistiken offen. Eine Anpassung der Regelsätze soll danach erst zum 1. Januar 2017 erfolgen. Dies allein zeugt schon von beispielloser sozialpolitischer Ignoranz, bedenkt man, dass mit jedem Monat Verzögerung den Betroffenen bitter notwendiges Geld vorenthalten wird.
Was die Gründlichkeit angeht, so ist das Ergebnis der regierungsamtlichen Berechnungen vor allem eine gründliche Enttäuschung und für die betroffenen Familien in Hartz IV ein regelrechter Affront. Um lediglich 5 Euro auf dann 409 Euro soll der Regelsatz für Erwachsene erhöht werden, für Kleinkinder unter sechs Jahren wird gar eine Nullrunde angekündigt. Die vorliegenden Regelsatzberechnungen sind ein Gemisch aus statistischer Willkür und finanzieller Nickeligkeit. Wer hingeht und sogar Cent-Beträge für die chemische Reinigung, Grabschmuck oder Hamsterfutter streicht, hat sich vom Alltag der Menschen ganz offensichtlich längst verabschiedet.
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